Die Clique

Bedeutung
Wie sie sich finden
Struktur
Was an Cliquen gut ist
Welche Gefahren von Cliquen ausgehen
Die häufigsten Probleme innerhalb einer Clique

Sie ist eure Zweitfamilie und für euch fast noch wichtiger als die richtige.
Eure Clique.
Und wird deswegen auch von euren Eltern besonders argwöhnisch beäugt.
Weil sie nämlich genau wissen, dass in bestimmten Fällen ihre Meinung gegen die der Clique keine Chance mehr hat. Wenn`s beispielsweise um Liebesdinge und Geschmacksfragen geht. Sie merken plötzlich, dass ihnen ihre Kinder irgendwie entgleiten, sich von ihnen lösen, auf andere hören. Was natürlich auch ein wenig weh tut. Harte Konkurrenz sozusagen.
Hinzu kommen Ängste, ob die jeweilige Clique auch der "richtige Umgang" für ihr Kind ist oder ob es unter seinen Freunden gefährlichen Einflüssen und Versuchungen ausgesetzt ist. Nur wenige Eltern fühlen sich beruhigt und haben ausschließlich positive Gedanken, wenn es um die Clique ihrer Sprösslinge geht.
Mit ein wenig Verständnis und Offenheit auf beiden Seiten dürfte das Thema Clique in eurer Familie eigentlich kein (Streit-)Thema sein, oder?


Bedeutung

Psychologen haben längst heraus gefunden, dass während der Pubertät die sogenannte "Peer Group", also die Gruppe der Gleichaltrigen, am bedeutendsten für den jungen Menschen ist. Der gleichaltrige Freundeskreis (die Clique oder "Bande") wird nicht selten zu einer zweiten Familie, in machen Fällen sogar zu einer Art Ersatzfamilie, wenn nämlich die eigene Familie zerrüttet, zerbrochen oder unvollständig ist. Die Clique vermittelt ein Gefühl von "Aufgehobensein", was für Jugendliche in einem Alter, in dem sie gegen sich und den Rest der Welt kämpfen, immens wichtig ist.

• Das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Clique wird vor allem auch dadurch gestärkt, dass alle die gleichen Probleme mit Aussehen, Schule, nervigen Eltern, Liebeskummer usw. haben und daher leichter Verständnis füreinander aufbringen. Und sich gegenseitig helfen können.

• Allerdings ist der Freundschaftsbegriff innerhalb einer Clique weiter zu fassen und nicht mit der innigen und von grenzenlosem Vertrauen gekennzeichneten Freundschaft zwischen zweier Mädchen ("Busenfreundinnen") bzw. Jungen ("dicksten Kumpel") gleich zu setzen. So erfährt die Clique zwar vieles, aber längst nicht alles. Dieses Vorrecht ist dem einen Intimus/der einen Intima vorbehalten!

• Die Größe einer Clique kann von bescheidenen drei bis vier Mitgliedern, die immer zusammen stecken, bis über zwanzig reichen und ist immer auch abhängig von der Art (s.u.) der Gruppe.. Der Schnitt dürfte wohl so bei acht bis zehn Leuten liegen.

• Auch die "Lebensdauer" eines solchen Freundeskreises ist sehr unterschiedlich. Sie kann nur wenige Monate (Tanzkurs) dauern, einige Jahre (Schulklasse) oder gar Jahrzehnte (Sportler, Organisationen).

• Typisch für Cliquen sind bestimmte Rituale, deren sich die Mitglieder selbst oftmals gar nicht bewusst sind, die aber von den Außenstehenden als kennzeichnend für diese Gruppe wahr genommen werden. Das können, überschwängliche Begrüßungsbussis, bestimmte Sprachgewohnheiten, Treffpunkte, Gebärden u.ä. sein.


Wie finden sie sich?

Interessen

Nach dem Motto "gleich zu gleich gesellt sich gern". Eigentlich logisch, dass sich Leute mit denselben Hobbys oder Ansichten zusammen tun. So wächst recht oft eine ursprünglich zweckgebundene Interessensgruppe wie eine Sportmannschaft, eine Umweltgruppe, Musiker usw. zu einem richtigen Freundeskreis zusammen. Wer viel Zeit miteinander verbringt, kommt sich nun mal zwangsläufig näher.

Klamotten und andere Äußerlichkeiten

Eigentlich ein ziemlich krasses und absolut oberflächliches Motiv, um sich zusammen zu rotten. Zur Entschuldigung muss man ergänzen, dass derartige Gruppen mit der Zeit auch so etwas ähnliches wie ein "Programm" entwickeln und über den gemeinsamen Kleidercode hinaus auch ähnliche Ansichten vertreten. Solange diese optische Abschottung nach außen friedlich verläuft, hat ja auch keiner was dagegen. Leider gibt es aber immer wieder mehr oder weniger gewaltsame Zusammenstöße zwischen rivalisierenden Gruppen. Beispiele: Punker, Popper, Rocker, Bodybuilder, Barbiemiezen, Chiemsee-/Hilfiger-/Nike- oder-was-weiß-ich-Jünger...

Räumliche Nähe

Vor allem in Großstädten oder auf dem platten Land tun sich Jugendliche auch aus rein praktischen Gründen zusammen, um nicht so weite Wege zu haben oder weil es gar nicht anders geht. Wer nicht motorisiert ist, schätzt die Clique "um die Ecke" bzw. gibt sich mit dem Angebot im eigenen Dorf zufrieden. Zumindest bis man den Führerschein hat...

Nach Geschlechtern

Gleiche Sorgen, Ängste und Sehnsüchte machen aufgeschlossen für Leidensgenossen. Wer kann einem bei Schminkproblemen, Styling-Tricks, Menstruationsbeschwerden besser zuhören und beraten als das eigene Geschlecht? Oder wenn es darum geht, Mädchen anzubaggern, über Fußball oder Mopeds fachzusimpeln oder Kondom- und andere Liebeserfahrungen auszutauschen?

Gleichgeschlechtliche Cliquen bestehen vor allem in jungen Jahren und werden zwangsläufig dann gemischt, wenn sich die ersten Paare finden...


Struktur

A: Ein Boss und viele Mitläufer

Einer ist der unumstrittene Chef, der den Ton angibt. Der Rest der Herde folgt ihm blindlings nach. Die mit Abstand am häufigsten vorkommende Variante, da am problemlosesten. Problemlos deswegen, weil die Rollen klar verteilt sind und es keine Machtkämpfe und Diskussionen gibt. Klappt so lange, bis einer aufmuckt. Und dann rasch hinausgeschmissen wird.

B: Zwei konkurrierende Wortführer mit angepassten Anhängern

Zwei Möchtegern-Leitwölfe üben sich im Kräfte-Messen und versuchen dabei, eine möglichst große Fangemeinde um sich zu scharen. Ein ewiges Hin und Her. Das natürlich viel Unruhe in die Gruppe bringt und sie aufreiben kann. Meist nur eine Übergangsphase, entweder als Vorstufe zu Variante A oder das Endstadium vor der endgültigen Auflösung der Clique.

C: Lauter gleichberechtigte Mitglieder

Entscheidungen werden demokratisch getroffen nach dem Motto: "Die Mehrheit siegt und die Minderheit akzeptiert das Urteil". Jede Meinung wird gehört, jede Stimme hat Gewicht und zählt bei der Abstimmung gleich viel. Die tollste Form einer Clique, weil man durch die Meinungsvielfalt alle Mitglieder neben der eigenen immer auch andere Argumente und Denkansätze mitbekommt. Was bereichert und vor Fanatismus schützt. Diese Variante gibt es vor allem bei sehr großen Gruppen und auch älteren Jugendlichen, da sie ein Mindestmaß an Reife und Toleranz erfordert.



Was an Cliquen gut ist

Wie schon gesagt, vermitteln Cliquen ihren Mitgliedern in ihrer Funktion als Zweitfamilie ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit, befriedigen also wichtige menschliche Grundbedürfnisse. Eine Leistung, die vor allem heute, in einer doch von Egoismus, Kälte und Gleichgültigkeit geprägten Gesellschaft hoch zu bewerten ist.

• Gemeinsame Unternehmungen lassen keine Einsamkeit oder Langeweile aufkommen. Dabei muss es gar nicht immer die Riesenaktion sein, es genügt allein das gemütliche Zusammensitzen und Klönen.

• Außerdem bietet die Clique Ablenkung von Problemen mit Eltern und Schule. So kann man seine persönlichen Schwierigkeiten für einige Stunden vergessen. Weg vom Ärger und dem Stress, dafür Entspannung und Erholung. Ein gutes Geschäft!

• Gleiches Alter mit den gleichen Kümmernissen des Alltags verbindet. Weil man sich so gut in den anderen hinein versetzen kann. Ihn versteht und selbst verstanden wird. Die Sprache ist die gleiche, die Ausdrücke selbstverständlich, ein verbindender Code. Ebenso die Achterbahn fahrenden Gefühle. Ein Pickel auf der Nase ist für die anderen auch ein Problem. Auch wenn das die Eltern offensichtlich nie kapieren werden.

• Nicht zu vergessen die gegenseitige Unterstützung. Oft hilft bereits das Gefühl, dass einem zugehört und man ernst genommen wird, über den ersten Ärger und Kummer hinweg. Kommen dann noch tröstende Gesten wie in den Arm genommen werden oder gar tatkräftige Hilfe (z.B. Begleitung zum Arzt, Lehrer, Eltern) hinzu, wird das Jammertal sicher sehr schnell durchschritten sein.

• Schließlich ist die Clique eine unverbindliche Gruppe, von der man sich bei Bedarf bzw. auf Wunsch leichter lösen kann, als es beispielsweise mit der leiblichen Familie, dem Partner oder der besten Freundin/Freund der Fall wäre. Trennungen gehen für alle Beteiligten weniger schmerzhaft über die Bühne. Ganz einfach, weil die Bindungen weniger eng und weniger verpflichtend sind. Wenn du gehst, lässt du vielleicht beleidigte, aber wohl kaum ernsthaft verletzte oder gar gebrochene Herzen zurück.



...und was weniger gut


Gruppenzwang

Ein innige Verbundenheit und tiefe Freundschaft mit Gleichgesinnten ist was wirklich Tolles. Solange sie dich nicht in deiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt. Wenn du nicht mehr anziehen, sagen, tun oder gar denken darfst, was du in deinem Innersten eigentlich möchtest, ist was faul. Cliquenwirtschaft ist gut, aber bitte nicht auf Kosten meiner individuellen Entfaltung Dazu gehört auch, dass man dich dich zum Rauchen oder Alkohol trinken zwingt, sondern akzeptierst, wenn du bei etwas, das dir nicht behagt, nicht mitmachen möchtest!


Schaukämpfe

Leider eine Krankheit in vielen Gruppen: Jeder meint, den anderen beweisen zu müssen, wie toll er/sie ist. Da werden große Sprüche geklopft, mit tollen Geschichten geprahlt und von beeindruckenden Erlebnissen erzählt, deren Wahrheitsgehalt man wohl lieber nicht überprüfen sollte. Echte Freunde haben dieses aus dem Tierreich stammende Balzgebaren doch gar nicht nötig, oder?


Konkurrenzdenken

Von lauter netten, charmanten, begabten und hübschen Mädchen umgeben fühlt man sich plötzlich völlig unscheinbar. Genauso neben lauter supercoolen, megasportlichen, muskelbepackten Weiberhelden. Lass dich bloß nicht zu blöden Vergleichen verführen. Die andern sehen dich immer mit anderen Augen als du selbst. Und wie gesagt, von den Angebereien und angeblichen Erfolgen der anderen brauchst du dich wirklich nicht einschüchtern lassen. Ebensowenig zu unvernünftigen Hungerkuren oder ungewollten Piercings bzw. Tatoos überreden lassen. Nur DU zählst! Denk mal nach: möchtest du das begehrenswerteste Mädchen der Schule sein, die jeden kriegen kann, wenn es dann vielleicht heißt, sie ist eingebildet, zickig oder leicht zu haben? Merke dir, jede Medaille hat zwei Seiten...


Scheuklappendenken

Einigkeit macht stark. Und oft auch blind und ungerecht. Blind gegenüber offensichtlichen Wahrheiten (der neue Mitschüler ist tatsächlich sympathisch und hilfsbereit, auch wenn er einen komischen Dialekt spricht) und ungerecht im Verhalten zu Andersdenkenden und Außenstehenden (dieser Streich ist gemein, alle gegen einen ist feige...). Die Werte, Ansichten, Meinungen, Ideale einer Gruppe sind schließlich nicht allgemeingültig! Wie wär`s mit folgendem Grundsatz: "Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden.."?



Mutproben und andere Eingangstests

Es soll tatsächlich noch so bescheuerte Cliquen geben, die irgendwelche "Aufnahmebedingungen" wie Mutproben, Kleiderordnung, Einführungsparty, Einweihungszeremonien auf Kosten des Neuzugangs und ähnlichen Schwachsinn fordern. Mein Tipp: Solche Idiotengruppen solltest du weiträumig umgehen...

Bei ihnen ist nämlich zu befürchten, dass ihre "Tests" immer härter werden. Nach dem Bier auf Ex kommt ein kleiner Ladendiebstahl, ein erster Joint oder andere Drogen. Du hast schließlich nur ein leben und eine Zukunft, die du dir nicht wegen einem vorübergehenden Wunsch nach zweifelhafter Anerkennung aufs Spiel setzen sollst.


Auffälliges Gebaren

Nicht schlimm, aber peinlich. Sicher hast du dich auch schon mal über singende Wirtshausrunden, gackernde Mädchenhaufen, grölende Sportfans oder halsbrecherische Wettfahrten irgendwelcher Machos aufgeregt? Dann weißt du ja, was ich meine, und denkst daran, wenn ihr euch das nächste Mal, was die Lautstärke und das ausgelassene Verhalten anbelangt, eindeutig von der Norm weg bewegt...


Problemfelder innerhalb einer Gruppe


Grüppchenbildung

Je größer die Clique, desto größer die Gefahr, dass sich innerhalb der Großgruppe mehrere Kleingruppen bilden. In Form enger Zweier-Freundschaften ist das ja nicht schlimm, aber bei drei und mehr Leuten besteht dann die Gefahr der Abspaltung. Ihr braucht kein schlechtes Gewissen haben, wenn das bei eurem Haufen vorkommen sollte. Menschen entwickeln sich nun mal stets weiter und manchmal eben auch auseinander.


Pärchenbildung

Liebespaare innerhalb einer Clique sind was Schönes. Jeder freut sich mit den Turteltauben und gönnt ihnen ihr Glück. Wenn sich die Liebenden selbst genug sind und sich etwas absondern, auch gut. Aber wehe, die Liebe zerbricht und das Paar trennt sich. Wenn der Rest der Clique in die Trennung mit hinein gezogen wird und plötzlich Partei ergreifen soll Das geht nur selten gut und gibt meistens jede Menge Ärger. Bis schließlich einer der beiden verletzt von dannen zieht. Was fast alle bedauern.


Pärchen mit Partner von außen

Passt der Partner von seiner Persönlichkeit her zu Clique, null problemo. Trübt die rosarote Brille der bis über beide Ohren Verliebten den Blick für das Wesentliche, dann gibt es Ärger. Weil der Neuzugang mit seinem Auftreten und seinen Ansichten den gewohnten Frieden stört. Oft gärt es unterschwellig bis zum großen Knall. Nach welchem das Pärchen verschwindet. Und später der verlassene Partner wieder reumütig zur alten Clique zurückkehrt. Die das verlorene Schäfchen wieder großmütig aufnimmt.

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